Du hast dich schonmal gefragt, ob ein Schluck Wermut dich wirklich 'high' macht? Der Mythos um die grüne Pflanze aus dem Absinthe‑Ritual hält sich hartnäckig - und genau das wollen wir heute entmystifizieren. Wir schauen uns an, was in der Pflanze steckt, welche Wirkungen tatsächlich wissenschaftlich belegt sind und wo die Gefahren liegen.
Was ist Wermut?
Wermut ist eine mehrjährige krautige Pflanze (Artemisia absinthium), die für ihren stark bitteren Geschmack und ihr intensives Aroma bekannt ist. Historisch wurde er als Heilmittel, Gewürz und natürlich als Basis für verschiedene Spirituosen genutzt.
Die Pflanze enthält ätherische Öle, Bitterstoffe und ein besonderes Alkaloid - Thujon. Diese Stoffe bestimmen das Geschmacksprofil und die potenzielle Wirkung.
Die chemischen Spielkarten: Thujon, Alkohole & Co.
Der am häufigsten diskutierte Wirkstoff ist Thujon. Er gehört zur Gruppe der Monoterpen‑Ketone und wirkt auf das zentrale Nervensystem. In hohen Dosen kann Thujon neurotoxisch sein, doch die Konzentration im handelsüblichen Absinth liegt in der Regel zwischen 10 mg/l und 35 mg/l - weit unter den Schwellenwerten, die bei Tierversuchen zu Halluzinationen führten.
Zusätzlich kommen Alkohol (Ethanol) und weitere Bitterstoffe wie Absintin und Anabsin zum Tragen. Alkohol ist der eigentliche Hauptakteur bei der Rauschwirkung von Absinth, während Thujon nur einen leichten, leicht anregenden Nebeneffekt haben kann.
Absinth - Geschichte, Legenden & heutige Fakten
Absinth ist ein hochprozentiger Kräuterlikör, dessen Hauptbestandteile Wermut, Anis und Fenchel sind. Im 19. Jahrhundert galt er als Boheme‑Getränk, wurde aber wegen angeblicher Halluzinationen 1915 in vielen Ländern verboten.
Die Aufhebung der Verbote in den 2000er‑Jahren hat zu einem erneuten Boom geführt - jedoch mit strengeren Grenzwerten für Thujon (max. 35 mg/kg in der EU). Moderne Absinths schmecken meist bitter, aber sie enthalten kaum noch die Dosen, die einst zu Mythen führten.
Berauschung: Fühlt man sich "high"?
Um die Frage klar zu beantworten, vergleichen wir drei bekannte Substanzen. Die Tabelle darunter fasst die wichtigsten Kennzahlen zusammen.
| Substanz | Psychoaktive Potenz* | Typische Dosis (Erwachsene) | Hauptwirkung | Rechtlicher Status (DE) |
|---|---|---|---|---|
| Thujon (aus Wermut) | sehr niedrig | 10‑35 mg/l im Getränk | leicht anregend, leicht bitter | erlaubt bis 35 mg/kg |
| Ethanol (Alkohol) | mittel bis hoch | 0,5‑1,0 % Blutalkohol (≈ 2‑3 Standard‑Drinks) | Enthemmung, Koordinationseinbußen | legal bis 0,5 % Vol (in Deutschland) |
| Δ⁹‑THC (Cannabis) | hoch | 5‑10 mg (in getrockneten Blüten) | Halluzinationen, veränderte Zeitwahrnehmung | Medizinisch unter Auflagen erlaubt |
Wie du siehst, ist die psychoaktive Potenz von Thujon praktisch vernachlässigbar im Vergleich zu Alkohol und THC. Das heißt, das "High"‑Gefühl, das manche mit Absinth verbinden, stammt hauptsächlich vom Alkoholgehalt.
Dosierung, Sicherheit & mögliche Risiken
- Alkoholgehalt: Moderne Absinths liegen bei 45‑74 % Vol. Das bedeutet, ein kleiner Schluck liefert bereits mehr Alkohol als ein Standard‑Wein.
- Thujon‑Grenzwerte: Die EU‑Grenze von 35 mg/kg verhindert toxische Effekte. Selbst bei mehrfachen Gläsern bleibt die Thujon‑Belastung weit unter den kritischen Werten (≈ 200 mg für akute Neurotoxizität).
- Leber & Herz: Wie jeder hochprozentige Spirituose kann Absinth Leberbelastungen und Herzrhythmusstörungen auslösen, wenn er in großen Mengen konsumiert wird.
- Wechselwirkungen: Thujon kann mit Antikonvulsiva oder Beruhigungsmitteln synergistisch wirken - Vorsicht bei Medikamenteneinnahme!
Ein verantwortungsbewusster Konsum liegt bei ein bis zwei Standard‑Drinks pro Tag für Männer und einem Drink für Frauen. Bei Absinth rechnet man das eher in "Klecks" um, weil die Alkoholkonzentration höher ist.
Rechtlicher Status in Deutschland und EU (Stand 2025)
Seit der EU‑Richtlinie 2008/68/EG dürfen Hersteller Thujon bis maximal 35 mg/kg in fertigen Absinth‑Produkten einsetzen. Das bedeutet, dass jedes in Deutschland gekaufte Fläschchen legal ist, solange die Kennzeichnung stimmt.
Alkoholische Getränke über 0,5 % Volumenprozent unterliegen der regulären Branntwein‑Verordnung. Verkaufsstellen benötigen eine Gaststättenkonzession, und das Mindestalter bleibt bei 18 Jahren.
Einzige Ausnahme: In einigen Bundesländern besteht ein Verbot für besonders stark alkoholische Kräuterliköre, die über 70 % Vol erreichen. Dort wird Absinth nur in geringerer Stärke angeboten.
Mythen im Check: Was stimmt, was nicht?
- Mythos: Absinth löst Halluzinationen.
Fakt: Nur extrem hohe Thujon‑Dosen (jenseits von 300 mg/kg) könnten Halluzinationen auslösen - das übersteigt die gesetzlichen Grenzen bei weitem. - Mythos: Der bittere Geschmack kommt vom Alkohol.
Fakt: Der bittere Nachgeschmack stammt von den Bitterstoffen (z. B. Absintin), nicht vom Alkohol. - Mythos: Mehr Wermut = stärkeres High.
Fakt: Der Rausch hängt primär vom Alkoholanteil ab; zusätzliches Wermut beeinflusst nur den Geschmack.
Fazit: Was du jetzt mitnehmen solltest
Wermut an sich macht dich nicht high. Die kurzzeitige Wahrnehmungsänderung, die manche mit Absinth verbinden, ist fast ausschließlich Alkohol‑bedingt. In legalen Mengen ist Thujon harmlos, doch übermäßiger Alkoholkonsum birgt die bekannten gesundheitlichen Risiken. Genieße also verantwortungsbewusst, achte auf die Alkoholstärke und lasse dich nicht von Mythen verführen.
Führt Thujon im Absinth zu Halluzinationen?
Nur wenn die Thujon‑Konzentration extrem hoch ist (über 300 mg/kg). Gesetzliche Absinths liegen bei maximal 35 mg/kg, das ist weit darunter.
Wie viel Absinth ist sicher zu trinken?
Ein „Standard‑Drink“ entspricht etwa 25 ml 65 %‑Absinth. Für Männer maximal 2‑3 Drinks pro Tag, für Frauen 1‑2. Mehr kann die Leber belasten.
Ist Absinth in Deutschland legal?
Ja, solange er die EU‑Thujon‑Grenze von 35 mg/kg nicht überschreitet und das Mindestalter von 18 Jahren eingehalten wird.
Unterscheidet sich moderner Absinth vom historischen „grünen Fee"?
Historische Varianten enthielten oft viel mehr Thujon und wurden mit Gefäßen serviert, die das Bild des "grünen Feen" erzeugten. Moderne Produkte sind sauberer hergestellt, haben niedrigere Thujon‑Werte und konzentrieren sich auf den Geschmack.